"Vorboten"
(Kultur- und Medienpolitik: Praxis in den späten 90ern)
Von Martin KruscheIm Jahr 1999 mußte man weder
Pessimist, noch Prophet sein, um sich darüber im klar zu werden: Kunstschaffende sind gut
beraten, von sich aus initiativ zu werden, um ihren Gegenübern in Politik und Verwaltung
klar zu machen, was eine professionelle Arbeitssituation an Strukturen und Bedingungen
braucht. Ich hatte gerade erst meine Erfahrungen mit der Vorbereitung zur steirischen
Landesausstellung des Jahres 2001 zusammengefaßt. Dabei haben wir damals schon die
zeitliche Perspektive über 2003 hinaus gezogen. Um inhaltliche Entwicklungen solide
bearbeiten zu können.
Wie konfus die Informations- und Strukturlage rund um
solche Großereignisse in der Steiermark sein konnte, läßt sich mit folgendem Detail
illustrieren. Der Chef des Kulturamtes des Landes Steiermark, Hofrat Glawogger, hat eines
meiner Papiere erbeten, weil es zu der Zeit die einzige Zusammenfassung von recherchierten
Fakten zum Thema war. Weder die Kulturreferate der betroffenen Städte Weiz und Gleisdorf,
noch das Landeskulturreferat waren willens oder in der Lage, den potentiellen Akteuren im
Kulturbetrieb solche Informationen zur Verfügung zu stellen.
Das alles, wo der steirische Wirtschaftslandesrat schon
verkündet hatte, wir befänden uns im "Informationszeitalter". Die reale
Informationspolitik und Kommunikationspraxis spottete dieser Annahme Paierls. Daran hat
sich bis heute essenziell nichts geändert.
Das oben erwähnte Dokument befindet sich heute im Archiv
hier [RTF-File zum
download]. Es untermauert, wie nötig es einem steirischen Künstler damals erscheinen
mochte, sich um seine Angelegenheiten selbst zu kümmern und autonome Strukturen zu
erarbeiten. (Autonom = sich selbst die Regeln geben.)
Im Jahr 2000 promotete die SPÖ eine Plattform im Internet,
die noch heute online ist. (Ich habe eben nachgesehen.) "XXI styrian culture networks".
Klingt kühn, ist leer. Tot. Ohne Inhalt. (Eben hat die ÖVP ein Projekt wie einen
XXI-Klon gestartet. Die "Kunstbörse Steiermark". Mal sehen, was draus wird.)
Der Medienkünstler Richard Kriesche und der Historiker
Helmut Konrad brachten 2000 in Graz eine Landesausstellung über die Bühne. Sie war dem
Thema "Neue Medien" gewidmet und gilt als einer der größten Flops unter den
steirischen Landesaustellungen.
Weiz und Gleisdorf waren auf dem Weg zur ersten
Landesausstellung des neuen Jahrtausends. Damals noch unter dem hartnäckig promoteten
Titel "Funkenflug und Geistesblitz". Also eine Metaphorik aus der
Dampfmaschinenmoderne. Sehr antiquiert. (Im letzten Moment auf das kühlere
"energie" geändert.)
Wie man es auch dreht: keine guten Signale bezüglich
Medienkompetenz auf der Höhe der Zeit. Kein ermutigendes Klima.
Die "Kulturplattform" (KUPF), ein oberösterreichischer Dachverband
von Kulturinitiativen, hatte mich gebeten, für ihre Zeitschrift einen Beitrag zum Thema
Graz 2003 zu verfassen. Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe vom Juli 1999. Meine
Einschätzungen stützten sich einerseits auf Web- und Zeitungsrecherchen. Andrerseits auf
ein kurioses Erlebnis. Ich war damals noch Mitglied des "Kulturbeirates des Landes
Steiermark". Selten nahm an dessen Treffen der damalige Landeskulturreferent Peter
Schachner persönlich Teil. So erfuhr ich aus aller erster Hand, wie konfus es Mitte 99
noch um das Großereignis Graz 2003 bestellt war.
Liest man diesen Zeitungsartikel, leuchtet einem gewiß
ein, daß ich mir mit anderen schon Gedanken gemacht hatte, wie wir zu diesem Jahr 2003
eine möglichst eigenständige, funktionstüchtige Plattform haben könnten, die Leuten
wie mir einen professionellen Auftritt im Blickfeld Europas erlauben würde. Sehen Sie
selbst:
"Waldbauernbuben
und große Kultur"
Von Martin Krusche
KUPF-Zeitung (Juli 1999) |