Asterix reaktionär? P.S.
>>ps: ich darf aber
schon trotzdem noch asterix reaktionär finden, oder..?<<
Lieber Jörg,
Asterix ist lahm, fad, öd - und es ist
quasi Pflicht für einen aufstrebenden Cartoonisten wie Dich, diesen Comic beschissen zu
finden. Aber reaktionär ist er nicht. Reaktionär ist eine Geisteshaltung, die sich
prinzipiell und sofort gegen jeden neuen Vorschlag ausspricht oder sogar Gegenmaßnahmen
in die Wege leitet. Das kann man Uderzo und Goscinny nicht unterstellen. Sie waren
vielleicht konservativ, auch so eine Kategorie, aber auch nur in dem Sinne, dass ihre
Geschichten eine Fortsetzung haben sollten, damit der Geldhahn nicht abgedreht werde. Der
Regionalismus ist eine klare Absage an den Nationalismus, der in Frankreich auch imperiale
Züge trägt. Dem Empereur Napoleon war die willkürliche Einteilung des Landes in 90
Departements zu verdanken, mit denen über Sprachen und Regionen drübergefahren wurde.
Daher war die Rückbesinnung auf gewachsene Siedlungsräume immer mit Widerstand gegen die
Staatsgewalt verbunden. Mit Österreich ist das nicht zu vergleichen. Wer in Frankreich
oder seinen Departements „outre mer“ geboren wurde, ist Französin oder Franzose
wie mein Onkel, der in Kriegsgefangenschaft (WK1) in Bordeaux geboren wurde. Von den
französischen Regionalisten wird das nicht in Frage gestellt. Wer in der Auvergne geboren
ist, ist einer aus der Auvergne. Anders in Österreich.
Hätte ich die Mutter meiner Kinder
geheiratet, wären sie in Österreich Ausländer. Und weil meine Wurzeln nicht in Tirol
sind, bin ich in deren Augen ein Arschloch. Denke ich an Kärnten in der Nacht...Der
Leiter der dortigen Wirtschaftskammer hat im Standard penibel aufgelistet, welchen Schaden
der Nationalchauvinismus in Kärnten angerichtet hat und täglich anrichtet. Das hat mit
Patriotismus nichts mehr zu tun, auch nicht mit dieser strengen amerikanischen Variante
nach 9/11, sondern ist ein unerträgliches Amalgam aus Rassismus, Revanchegelüsten und
Xenophobie. Natürlich ist Regionalismus nicht Regionalismus.
Es gibt diese durchgeknallten Varianten
der „wahren“ IRA und der ETA, die Regionalchauvinisten der Lega Nord und
allerhand ausgesprochen seltsame Bestrebungen, die es nicht mehr geben würde, höchstens
als schießwütige Verbrecherbande, wenn man die Leute darüber entscheiden ließe, was
sie selber entscheiden können. |
Hans Fraeulin
Ließe man allerdings den Steirern freien
Lauf und einen Eisenbahntunnel durch den Semmering bauen, gäbe es wahrscheinlich eine
böse Überraschung, weil man feststellen würde, dass kein einziger Zug zusätzlich
zwischen Wiener Neustadt und Bruck an der Mur verkehren könnte. Derlei Unsinn mehr hat
man auf Betteln der Steirer des öfteren getan – mit Geld aus der Hauptstadt
finanziert. Seither fahren täglich 27000 Brieftaschen und Kreditkarten im Finstern an
Graz vorbei und wie zum Trotz baut man noch einmal so eine Röhre um teures Geld durch den
Plabutsch. Jahre lang haben bis zu 60 Geschäfte in der Grazer Annenstraße leergestanden.
Dann besitzt die Steiermark eine eigene Eisenbahn und könnte um den Preis von zwei
Weichen im Peggauer Bahnhof einen Zubringer-Shuttle zum Grazer Flughafen einrichten.
Das sagt man den Verantwortlichen
vielleicht ein Dutzend Mal und erntet überall mildes Lächeln. Es gibt allerhand
regionale Torheiten. Ich will Dich nicht mit weiteren behelligen. Der Vorteil der
französischen Regionalisten besteht zweifellos darin, dass sie im Kampf gegen die
Torheiten der Zentralregierung noch nicht viel Gelegenheiten für eigene Torheiten hatten.
Vielleicht verschaffst Du mir einmal eine Verbindung zu Deinen französischen Kollegen.
Liebe Grüße,
Dein Hans.
[Lesen Sie auch
den Haupttext!] |