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Der Papst besucht mit Bischof Kurt Krenn das Theater


Du befindest Dich bei einem Lucyshin-Text, bei den Belles Lettres, im Kaminzimmer (im Erdgeschoß)

 

Oralette

Von
Mischa
Lucyshyn

 

Der Papst und Bischof Kurt Krenn nehmen in einer Loge Platz.

Vorhang

Altar. In die Bordüre des weißen Tuches eingestickt die Worte: Komm, oh Schaf, in den Schoß deiner Kirche.
Ein fetter Geistlicher. Ein Knabe, kniend.
Der Knabe macht sich an der Soutanelle des Geistlichen zu schaffen.
Der Kopf des Knaben verschwindet.

Knabe: Ich kann nichts sehen, Herr.

Der Geistliche: Lümmel, ich will nicht bis Pfingsten warten!

Knabe: Ich kann nichts sehen, Herr.

Der Geistliche: Such, dann wirst du schon finden.

Knabe: Herr...

Der Geistliche: Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird.

Knabe: Bitte, Herr...

Der Geistliche: Willst du wohl fortmachen, Lümmel.

Knabe (mit erstickter Stimme): Eli, Eli, lama asabthani.

Der Geistliche: Lümmel, nimm den Mund nicht so voll.

Der Geistliche stöhnt.

Knabe: weint

Der Geistliche: Los, Lümmel, sprich mir nach.

Knabe: weint

Der Geistliche: Ich bin ein unnützer Sklave.

Knabe: weint

Der Geistliche: Was ist? Sprich mir nach, habe ich gesagt!

Knabe: Ich bin ein...

Der Geistliche: Na wird´s bald!

Knabe: ... unnützer Sklave.

Der Geistliche: Ich habe nur meine Schuldigkeit getan.

Knabe: Ich habe nur meine Schuldigkeit getan.

Der Geistliche: Könige und Propheten wollten sehen, was du gesehen hast, Lümmel.

Knabe: Ja, Herr.

Knabe: weint

Der Geistliche: Was soll das Geflenne?

Knabe: weint

Der Geistliche: Schluß damit. Diese Wehleidigkeit unter dem Christenvolk zeugt von schlechtem Charakter. Willst du wohl aufhören!

Knabe: weint

Der Geistliche: Du Verruchter, du Satan, du Verführer du, du mit deinem roten Kindermund, du Sünder.

Knabe: Herr...

Der Geistliche: Du nichtswürdige Kreatur, du blökendes Etwas, du hast gewagt, den Felsen des Herrn zu verführen. Man sollte dich mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen. Du bist schlecht. Böse und schlecht. Von mir, Beelzebub, einmal schon bin ich deiner Versuchung erlegen. Du abgrundschlechte Seele.

Knabe: weint

Der Geistliche: Eine böse Generation.

Knabe: Herr...

Der Geistliche beginnt, mit einem Lederriemen auf den Knaben einzuschlagen.

Knabe: Au-weh.

Der Geistliche: Hör´ endlich auf mit dem wehleidigen Gerotze, du Nichtsnutz.

Knabe: Ja, Herr.

Der Geistliche: Sehen sollst du und doch nicht sehen, Lümmel.

Knabe: Herr?

Der Geistliche: Du Verführer! Du weißt schon, wie ich das meine.

Knabe: schluchzt

Der Geistliche: Du blöder Bock kommst nicht auf die linke Seite. Raus!

Knabe: Ja, Herr.

Der Knabe kriecht auf allen Vieren davon, zieht sich am Altar hoch, erbricht und klappt zusammen.

Der Geistliche: Seht ihr das alles? Und dieses Gesindel verlangt Demokratie. Unerhört. Alles Weichlinge und Dummköpfe. Ich werde den Mächten der Unterwelt trotzen. Und wenn sie noch so heulen und mit den Zähnen knirschen.

Vorhang

Papst: Mene Mene Tekel Vpharsin.

Bischof Kurt Krenn: Gewiß, Vater. Eine Zeit großer Leiden.

Vorhang

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