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Blut


Du befindest Dich bei einem Krusche-Text, bei den Belles Lettres, im Kaminzimmer (im Erdgeschoß)

 

Von
Martin
Krusche

 

Das sind nur die ersten Absätze. Die ganze Geschichte gibts hier als Download: Blut.rtf)
"Falls du mein Schnapslager plündern willst, bist du hier im falschen Zimmer", sagte Michael.
"Das ist doch kein Zimmer", erwiderte Dominik.
Wenn man siebzig Kilo wiegt und andere Menschen um mehr als einen Kopf überragt, macht es auch nichts mehr, Dominik zu heißen und ertappt worden zu sein. Es war freilich nicht der heimische Schnaps, wegen dem Dominik eben an der Holzwand lehnte. An der dünnen Holzwand eines Verschlages, welcher eine Dunkelkammer zum Zimmer abgrenzte. Michael mit seinem knappen Lachen mochte nun ahnen oder nicht, daß Dominik jede Vernissage nützte, um neuerlich Anlauf zu nehmen, eines der Fotos zu klauen, das hier mit vielen anderen entweder Stückwerk einer schnell hingeklebten Tapete war, oder Nebenprodukt der obsessiven Neigungen Michaels.
"Du hast das Lachen eines Wüstlings", sagte Dominik, um von sich abzulenken.
"Und du hast das Gesicht eines Wüstlings."
"Wo ist also der Schnaps?"
"Eine Tür weiter. Willst du den Bürgermeister nicht hören?"
"Hau schon ab. Wer will denn euren Bürgermeister hören!?"
Wieder lachte Michael und ging, um seinen Text zu sagen, denn an diesem Abend war der Bürgermeister mit jenem traurigen Bauerngesicht, das man schon aus der Stadtzeitung zur Genüge kannte, angekommen und hatte der kleinen Galerie seine Referenz erwiesen.

Dominik wähnte sich für wenige Augenblicke ungestört, suchte nach der Flasche Apfelschnaps, füllte ein Glas und verweilte auf dem Rückweg wieder in der Dunkelkammer. Das Bild in Briefbogengröße, ein harter Schwarzweißabzug, schien ihm wie die Notiz einer flüchtigen Erinnerung an eine Frau, der er bestimmt noch nicht begegnet war. Obwohl daran nichts nackt war, fühlte Dominik einen grollenden Unmut auf Michael, daß diese Frau, wer immer sie sein mochte, mit ihm gewesen war. Vor seiner Kamera. Um hier nun als lebhafter Schatten mit klarer Kontur Unruhe in Dominik zu stiften.

Fotos sind ebenso verfänglich wie Phantasien, dachte er. Photos sind Phantasien. Er war sicherer denn je, das Bild klauen zu wollen, denn diese Phantasie mußte er greifbarer haben, hier herausreißen, sich aneignen, ihm, Michael, wegnehmen. Die dunklen Stoffe der Kniekehlen, Augenbrauen und Haare. Die leicht gesenkten Mundwinkel und die Symmetrie der Augen. Dominik nahm einen Schluck vom Schnaps, verkroch sich in Gedanken an diesen Körper, den etwas in ihm ausmalte wie ein Nummerngemälde, all die kleinen Stellen aufsuchte, die man am besten sieht, wenn man sie mit den Augenwimpern berührt. Dominik gab dem Bild einen spürbaren Atem und kraftvolle Hände, die er auf seiner Haut spüren konnte, einen fliegenden Puls. Als er hörte, wie sich nebenan die Besucher wieder ausbreiteten, ging er schnell durch die Tür zu der Gesellschaft, die ihm - da war er sicher - nichts anmerken konnten. Er spannte die Schultern und lehnte sich an den Durchgang zum ersten Ausstellungsraum, denn hier mußte man eng an ihm vorbei und er konnte sich in Ruhe orientieren.

Neben ihm lehnte ein breit gebauter, bärtiger Mensch, der in einem Overall steckte, als hätte man ihn von einer Tankstelle hergeschleift. Einer den er noch nie etwas sagen gehört hatte. Ein Kerl, der, so schien ihm nun, immer da lehnte, wenn es eine Vernissage in Michaels Atelier gab. Der zerknitterte Overall mutete an, als sei er in Motoröl, Whisky und Zigarettenrauch getränkt worden, was vielleicht während der Zwischenkriegszeit in der Bohéme gut angekommen war. Möglicherweise stammte er auch von damals – der Overall. Heute war dieses Outfit jedenfalls eindeutig im roten Bereich, dachte Dominik. Er überlegte, ungeniert nahe durch die dicken Augengläser dieses Menschen zu schauen, um herauszufinden, ob das nicht vielleicht – was Michael zuzutrauen wäre – eine täuschend realistische Puppe sei, eine Art ultimater Vernissagengast.

... (Fortsetzung im Download-File) [16/98]

Das sind nur die ersten Absätze der Geschichte! Die ganze Geschichte findest Du hier als rtf-file zum downloaden: Blut.rtf

 

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