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Jargon #1
(Drinnen oder draußen?)

Jargon, das ahnen Sie bestimmt, ist Ausdruck von Geselligkeit. Aber auch Mittel zu ihrer Herstellung. Und gar nicht selten ein Werkzeug, sich gegen andere abzugrenzen. Wer den jeweiligen Jargon, also: Code kennt, gehört dazu. Unkenntnis des Jargons / Codes markiert die Außenseiter.

Ich geb Ihnen ein exotisches Beispiel. Was mag wohl ein Hurf sein? Oder ein Heferl? Was geschieht durch das Anknattern? Und was könnte ein Startnagel sein?

Der Hurf ist vom (Pferde-) Huf hergeleitet und meint den Reifen eines Rades. Das Heferl ist eigentlich ein kleiner Häfen, aber hier kein Kochgeschirr, sondern ein Sturzhelm. Anknattern meint das feste Anziehen von Schrauben. Und der Startnagel ist eine Art Steckschlüssel, die man bei alten Motorrädern ins Zündschloß im Lampentopf steckte, um die Anlage unter Strom zu stellen.

Höre ich jemanden solche Ausdrücke verwenden, weiß ich sofort: das ist kein Yuppie, der sich letzten Sommer von seinen Dividenden eine Harley Davidson gekauft hat und endlich als wilder Bursche fühlt. Das muß jemand sein, der tatsächlich Ahnung von der Sache hat.

Unser Thema ist Netzkultur. Was im Kern von Kommunikation handelt. Da sollte das Ein- und Ausschließen von Menschen keine Hauptsache sein. Freilich ist dieses Feld von Subkulturen geprägt, die sehr hermetische Jargons pflegen. Also Spracheigenheiten, mit denen sofort geklärt erscheint, wer wer ist. Bis die ersten Bücher zum Thema erscheinen. Und die Freizeitindustrie sich drauf haut. Wonach die "Insider" wieder ein Stück abrücken. Mit gelegentlich härteren Bandagen.

Ein Beispiel. In meinen Jugendtagen, in den 1970ern, war eine Tätowierung etwas ziemlich Kühnes und entsprechend selten zu sehen. Heute haben selbst Vorstandssekretärinnen nette Tattoos an mehr oder weniger verborgenen Körperstellen. Also haben die Youngsters in den nächsten Gang geschaltet und angefangen, sich Nadeln durchs Fleisch zu stoßen.

Meine Anregung: kümmern Sie sich nach Laune um das "Basisvokabular", denn das hilft sehr, sich auf diesem neuen Feld zurecht zu finden. Kümmern Sie sich nicht um abgeschlossene Zirkel mit "Geheimsprache". Wer so kommuniziert, will keine Gesellschaft mit "Außenstehenden". Und das kann man ja ruhig so stehen lassen.

Einige Begriffe zu kennen nützt doch sehr, weil sie Details der neuen Mediensituation benennen, mit denen Sie es vermutlich längst zu tun haben. Fünf grundlegende Termini sind auf dieser Page erläutert.

Darauf stelle ich nun nun die folgenden ab:

• Community
... ist das englische Wort für Gemeinde, Gemeinschaft. Wenn ich sage: eine Community aufbauen, meine ich damit, rund um ein Web-Projekt, das auch in den realen Raum verzweigt ist,
~ a) Künstler und Künstlerinnen, auch andere Sachkundige, zu gewinnen, die das Projekt mit Inhalten (Content) bespielen und im Hintergrund an einer inhaltlichen Auseinandersetzung Interesse haben, auch zu einem unterschiedlichen Maß an Geselligkeit neigen;
~ b) ein Publikum, daß sich für diese Prozesse und Inhalte interessieren läßt;
~ c) allerhand Personen auf einer "Meta-Ebene", also aus dem klassischen Feuilleton, von der Wissenschaft etc.

und, und und ... Die Community versteh ich als die Summe derer, die ich bezogen auf eine Website für eine engere oder losere Gemeinschaft gewinnen, zu einer gewissen Kontinuität des Interesses bewegen kann.

• Content
... ist das englische Wort für Inhalt, Gehalt. Womit Texte, Bilder, Filme und Töne gemeint sind, die ich laufend brauche, um eine Website zu beleben, um wenigstens allwöchentlich Updates vornehmen zu können.

• Flames / Flaming
Das englische Wort für Flammen und "Abfackeln" meint heftige Attacken, die in online-Foren und auf Mailing-Listen vorkommen können. Bei Meinungsverschiedenheiten gefallen sich manche Menschen in besonders rücksichtslosem sprachlichem Niedermachen Andersdenkender. Mein Tip: es hilft am ehesten, was auch bei Rabauken im Wirtshaus nützt. Sich abwenden. Nicht darauf antworten. Denn versierter "Flamer" suchen keine Debatte, sie wollen Rauch und Flammen sehn.

• Netizen
Das englische Wort "Citizen" meint Bürger, Bürgerin, Einwohner, Staatsangehörige. Das englische Wort "Net" für Netz (Internet = "Netz der Netze") wurde hier mit dem anderen verschmolzen. Netizens sind quasi die "Bewohner und Bewohnerinnen" der Netze.

• quoten
Wenn Sie "quoten" benutzen sie "Quotes", wie die Anführungszeichen im Englischen heißen. Zum Zwecke einer "Quotation" ... was so sperrig klingt, meint einfach das Zitieren von Textstellen. Was zum Beispiel in der Email-Korrespondenz sehr hilfreich ist, damit Ihr Gegenüber weiß, auf welche Textstelle sich eine Mitteilung bezieht..

• Updates
... ist das englische Wort für Aktualisierung. Das Web ist ein 0 bis 24 Uhr-Medium. Tägliche Updates wären also naheliegend. Damit Ihr Publikum, Ihre Community gute Gründe hat, Ihre Website wieder zu besuchen. Aber täglich neue Stoffe zum raufladen, das schaffen natürlich nur Profi-Gruppierungen. Wöchentliche Updates, na, wenn Sie ein wenig Vernetzung und Kooperation mit anderen pflegen, ist das keine aussichtslose Sache.

Ich denke, daß Sie mit diesen fünf weiteren Begriffen für den Alltag in den Netzen schon mal auskommen können. Falls Ihnen jemand viel schlauer kommen möchte, mißtrauen Sie solchem Auftreten ruhig. Denn Netzkultur meint doch eher öffnen und kommunizieren, als abschließen und einsam schlau sein ...

(Vorausgehend: "Webpräsenz")
(Weiterführend: "Jargon 2")

[martin krusche]

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