Statements

Zur Sache!
(Eine hoffentlich kühlere Skizze)
Von Martin Krusche

Wir setzen die Domain www.graz2003.com als eine Position unseres "kulturellen Terrains" im Internet ein. Das ist für Repräsentanten der österreichischen Netzkultur-Szene Business as usual. Die Gründe unseres Auftretens im Kontext Graz 2003 sind mehrfach dargelegt. Unter anderem hier: www.kultur.at/kunst/base1/miss2003.htm.

Die "Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH" versucht das zu beenden. Ihr "Geschäftsführer Finanzen" Manfred Gaulhofer begründet das so: "Wir handeln nicht in Schädigungsabsicht, sondern kommen unserer Pflicht nach, Schaden von der Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH abzuwenden."

Ich will gerne annehmen, daß Gaulhofer seinen Geschäftsführungsauftrag ernst nimmt und seine Position daraus konsequent ableitet. Es ist nicht weiter schlimm, daß er die Sache so sieht, während ich behaupte: Meinesgleichen sind immer wieder der Hauptgegenstand, dessen Verwertung sich solche Companies widmen. Wir sind die Primärkräfte, auf deren Terrains dann plötzlich Geschäftsleute auftauchen. Erfahrungsgemäß werden künstlerische Beiträge nicht von Managern generiert.

Laßt uns also ruhig Zweierlei und verschieden sein... die Praxis des Kontrastes ist ein zentraler Zustand menschlicher Gemeinschaft.

Welche Art Schaden Manfred Gaulhofer von seiner GmbH abhalten möchte, kann ich mir durchaus vorstellen. Kontrollverlust wird in unserer Kultur von vielen Menschen als Nachteil empfunden. Hier wird der Administrator aber seine Kriterien nachjustieren müssen. Und ich hoffe, Politik wie Verwaltung lassen ihn nicht länger im Regen stehen, sondern helfen ihm in Fragen der Freiheit der Kunst auf die Höhe der Zeit herauf.

Was ich damit genau meine, möchte ich knapp darlegen. Der Grazer Dramatiker Wolfgang Bauer ist mir willkommenes Beispiel dafür, welches Maß an Witz, Ironie, Biß und welche drastischen Mittel ein Künstler bei seiner Auseinandersetzung mit (s)einer Gesellschaft für angemessen halten mag. Drastische Mittel in der Darstellung von Inhalten waren Bauer weder in seinem dramatischen Werk noch in seinem persönlichen Auftreten je fremd.

Nehmen wir für einen Augenblick an, hier sei temporär eine Latte gelegt, hier sei Maß genommen, was dieser Gesellschaft (so auch der GmbH) bei ihrer Berührung mit künstlerischer Praxis zugemutet werden kann. Und darf.

Kunststaatssekretär Franz Morak erwähnte unlängst in einem Interview für das Magazin "profil", sein Einvernehmen mit Wolfgang Bauer sei vorzüglich. Morak betonte, er habe ihm unlängst einen Orden verliehen.

Erlauben Sie mir, ihnen dies als Hinweis vorzulegen, daß es also einen gesellschaftlichen Konsens gibt, wo die Latte der Zumutbarkeiten liegt. Der ranghöchste Kulturpolitiker Österreichs hat diese Lage mit einem Orden markiert.

Ich werde keine Minute lang einer Debatte folgen, die hinter diese Markierung zurückverlegt sein könnte. Ich warte aber gerne, bis alle Akteure unserer Kontroverse zu dieser Position aufgeschlossen haben.

Im heurigen Jahr habe ich schon erlebt, daß sogar einige steirische Künstler sich hinreißen ließen, die Uhren etwas zurückzudrehen. Dies wurde rund um "Upsites", ein Grazer Kunstfest, sichtbar und hat sich stellenweise in der Cyber-Soap "Upset" explizit gezeigt. [Siehe: www.m-wanko.at/up/ und www.kultur.at/kunst/up/]

Nun, wenige Wochen danach, ortet man seitens der besagten GmbH Schaden, welcher der Company auf dem Weg zu Graz 2003 aus dem autonomen Handeln einiger Kunstschaffender der Region erwachsen könnte. Dies klingt auf jeden Fall interessant, weil es Anlaß sein wird, neu zu verhandeln, welche Freiheiten man Kunstschaffenden hier einzuräumen geneigt ist.

Möglicherweise ist die Administration eines solchen Mega-Events überfordert, diese Aspekte des Unternehmens "Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas" angemessen zu bearbeiten. Weshalb ich sehr gespannt bin, was andere Kunstschaffende, aber auch Politik und Verwaltung in der Sache beizutragen haben, bevor ich meine Gründe eventuell einem Richter darlegen muß.

Ich habe vor drei Tagen an einem Provinzgericht in der Toskana erlebt, daß man der Justiz ruhig trauen darf. Auch wenn einem Gründe einfallen mögen, warum die Sache der Kunst nicht vor Juristen verhandelt werden sollte, wäre das ja ein gangbarer Weg. Notfalls.

Empfehle mich!
Der Krusche

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