Kunst kommt von Arbeit
... wird zur "site-specific installation"
Von Ursula KochZur Ausstellung am 13. Juni 2002, AK Graz
Leitmotiv Dynamik
Die Beurteilung des Gesamtwerkes von Josef Schützenhöfer möchte ich den
Kunstkritikern überlassen. An dieser Stelle soll vielmehr das Werden von "Kunst
kommt von Arbeit" bzw. das Entstehen der "site-specific-installation" in
der Arbeiterkammer in Graz besprochen werden. Begonnen hat das Projekt bei
Steyr-Daimler-Puch mit einem "Tempel der Arbeit" und war u.a. vor der Grazer
Oper und der Universität zu sehen. Schützenhöfers gutes Gefühl für die Dynamik von
Technik überträgt sich auch auf sein eigenes Unterwegs-Sein: Ein bisschen erinnert er an
den amerikanischen "Hobo", den Wanderarbeiter, der rastlos und um der
Routine des Alltags zu entkommen seinen Wunsch nach neuer Erfahrung stillt. Doch
bei Schützenhöfer ist diese Mobilität niemals Selbstzweck, sondern eine
"kunstsoziologische" Kategorie. Bis jetzt setzte er seine Erfahrungen
erfolgreich als Beiträge zu Kunst und Politik um. Hält man sich Schützenhöfers
Kurzbiografie vor Augen, erkennt man, wie sehr Mentalität und Beweglichkeit im
realen wie im "geistigen" Sinn zusammenhängen.
"As long there is a working class, I am in
it..."
Er, der College-Abschluss und Studium in den USA absolvierte, ist heute noch
davon fasziniert, dass das, was er "auf dem Weg zur Schule lernte, auch beurteilt
wurde" und dass ihm "die Bedeutung von Solidarität und sozialer Gerechtigkeit
ausgerechnet in einem Land des Kapitalismus" als freigesetztes Individuum vermittelt
wurde. "Kunst kommt von Arbeit" ist sicherlich Produkt seiner Zweitsozialisation
in den USA und seiner gleichzeitigen Sehnsucht nach dem Kollektiv in Österreich. Seine
Arbeit und sogar Schützenhöfer selbst sind Produkte eines Kulturkontaktes, der auf
Mobilitätsprozesse räumlicher, sozialer und kultureller Art zurückzuführen ist. Das
Leben in der Schwebe führt allgemein zu Entwurzelung und Desorientierung, deren
Verarbeitung dem "marginal man" jedoch eine Chance eröffnet, die der
Verwurzelte nicht hat: Er wird zum Individuum mit dem weiteren Horizont und dem
schärferen Intellekt.
"site-specific installation" in Graz
Charakteristisch für das "Kunst kommt von Arbeit"-Konzept ist, dass
die Arbeiten direkt auf die Inhalte der jeweiligen Institution eingehen. Der Künstler
setzt sich jedoch auch "mit der architektonischen und geografischen Präsenz"
der Institution, eben "site-specific", auseinander. Wie man auf der Abbildung
sehen kann, ist die Konfiguration der Installationen in Breite, Höhe und Anordnung der
Arbeiterschaft nachempfunden. Die Menschen, die täglich Hilfe suchen oder dem Bedürfnis
nach Beratung oder Bildung nachgehen, kommen "mit dem Ursprung", den
Stützmauern, den Mitgliedern und Beitragszahlern in Berührung. Es geht um eine
Formation, die im Foyer höflich auf die Bediensteten und Besucher wartet und gleichzeitig
eine kritische Äußerung gegenüber festgelegten Kunsthierarchien darstellt. Zitat
Schützenhöfer: "Das Gebläse im Elfenbeinturm der Kunst muß ausgedehnt
werden." Deshalb Postamente und Tafelbilder in der Fabrik, vor der Oper und der
Universität, im ÖGB und in der Arbeiterkammer.
(Ursula Koch ist Kuratorin AK Graz) |