6. März 2011

Dem Winter Serbiens war ich schon in Ungarn entkommen. (Siehe dazu den vorigen Eintrag!) Dem Stöhnen der Menschen hat hier inzwischen die Sonne geantwortet. Der Frühlingsbeginn müßte ja nun hinter dem nächsten Horizont liegen.

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Zwei Flaschen Rotwein sind mir kürzlich zugefallen. Ich vermute, als eine Art Wegzoll, da Keramikerin Christa Ecker-Eckhofen am letzten Abend ihrer Obfrauschaft von "kunst ost" eine Ausstellung eröffnete: [link] Sie muß dort aufgeatmet haben, sich nun nicht mehr für mich als Projektleiter zuständig fühlen zu brauchen.

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Apropos! Das Projekt. Mit dem "April-Festival" kommen wir gut voran. Die Konzeption der "Location Crews" scheint sich zu bewähren; daß also Leute selbst ein höheres Maß an Verantwortung übernehmen, statt das Projekt als Selbstbedienungsladen zu betrachten. Außerdem hat einer der involvierten Bürgermeister gerade einen sensationellen Beitrag zu unserer Themenstellung geliefert. In meiner Einleitung heißt es ja:

>>... gewissermaßen eines der großen Themen menschlicher Gemeinschaft: Die Bewältigung der Wildnis. Das meint nicht etwa die Beherrschung der Wildnis, denn diese Idee ist ein Phantasma, welches uns die Natur regelmäßig herunterräumt. Aber die Bewältigung der Wildnis als ein Ringen um Lebensräume, in denen die Menschenwürde sichere Orte hat, das ist ...<<

Was man sich unter "Wildnis" vorstellen dürfe, hat der Mann am Thema "perverses Schwein" abgehandelt, womit er laut Zeitungsbericht auf das Thema "Kindesmißbrauch" hinweisen wollte: "Jeder schwerwiegende sexuelle Missbrauch von Kindern ist aber so was wie ein Mord".

Pardon, aber Mord ist Mord, da ja auch ein Sessel ein Sessel ist und kein Kleiderschrank. Es wäre vorteilhaft, sich bei den so brutalen Themen um möglichste Genauigkeit in den Sprachregelungen zu bemühen und polemische Ausritte zu vermeiden.

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Ich verstehe zwar, was die Metapher meint, aber der Fokus auf "geistg abnorme Rechtsbrecher" verstellt nun leider den Blick auf die eigentliche Dimension des Problems sexueller Übergriffe auf Kinder. Der "Sicko", dem ein Kind zum Opfer fallen kann, ist die rare Ausnahme, das seltenste Vorkommnis. Das erdrückende Gros der Täter (und vergleichsweise weniger aber auch: Täterinnen) sind die "Normalos". Der erklärte Katholik verschleiert damit auch das "Großthema", dem die Opfer sexueller Übergriffe ja zugerechnet werden müssen: Gewalt gegen Kinder und innerfamiliäre Gewalt.

>>Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen geschieht zum überwiegenden Teil im engeren Familien- und Bekanntenkreis, das heißt im sozialen Nahraum. Nur 10-15% der von sexuellem Missbrauch Betroffenen werden Opfer von Fremdtäter/innen.<<

So steht es im aktualisierten "Gewaltbericht": [link] Statt sich nun dem Problem auf seriöse Art zu widmen, proklamiert der Mann die Todesstrafe für einen Teil des Täterkreises. Ein Ausrutscher? Vielleicht. Seine Gründe konnte ich nicht erfahren. Aber! In dieses Plädoyer für das Konzept von angeblich "unwertem Leben", das ausgelöscht werden soll, stimmten in den folgenden Tagen aberdutzende Menschen ein, die bei "Facebook" ja einzeln zugelassen werden müssen.

Wie eingangs erwähnt, ich bin momentan geneigt, die Sache unter anderem als einen Beitrag zum "April-Festival" zu werten. Als eine etwas brutale Einladung zum öffentlichen Diskurs ... der übrigens bisher weitgehend ausgeblieben ist. Siehe zu dieser Angelegenheit auch: "wir dürfen keine rache nehmen ..." und "es gibt kein unwertes leben".

Das brüllende Schweigen, wie ich es momentan in der Region zu diesem Fall vernehme, ist sehr aufschlußreich, auch anregend. Es zeigt mir klar, wo wir in einem reichen Land mit Meinungs- und Pressefreiheit stehen, wenn es darum ginge, die Grundlagen dieser Demokratie und der Menschenrechte zu verhandeln.

Ich habe nun Tage gebraucht, um mich darüber zu beruhigen. Die Aufgabe bleibt ja klar: "Bewältigung der Wildnis" ...

P.S.:
Was soll man sich eigentlich genau uner einem "perversen Schwein" vorstellen? Unser Strafgesetzbuch skizziert es so:

>>Begeht jemand eine Tat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und kann er nur deshalb nicht bestraft werden, weil er sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, so hat ihn das Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, ...<< [Quelle]

 

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