19. Februar 2011 Ich tendiere momentan zur Kargheit bei den Einträgen. Schreiben ist
schreiben, egal worauf angewandt. Und wenn es sich über Stunden erschöpft hat, auch für
bloß triviale Dinge, dann bleibt für den restlichen Tag noch eine Leere.
Das Lesen bietet noch Möglichkeiten. Es erscheint mir als
die Kehrseite des Schreibens. Mehr noch, eine Vorbedingung. Es gäbe bei mir kein
Schreiben ohne das Lesen. Das bedeutet auch, es gibt mein Tun nicht ohne die Meisterschaft
der Anderen.
Solche Wirkung zeigt aber dann auch das Betrachten von
Filmen oder von Kunstwerken aus den übrigen Genres. Eigentlich läuft es darauf hinaus,
daß es meine ganze Existenz ohne diese Zusammenhänge nicht gibt.
Klingt nach einem beschaulichen Leben, hm? Das wäre aber
nicht mein Leben. Darin dominieren über weite Strecken ganz andere Angelegenheiten,
obwohl meine Anbindungen an die Kunst ständig vorhanden und wirksam sind.
Momentan ist es so, daß ich seit Tagen wütend bin, weil
die steirische Landespolitik mehrheitlich ein "Bettelverbot"
durchgesetzt hat. Was von einzelnen bettelnden Leuten ab und zu an Problemen ausgehen mag,
sollte ja mit bestehenden Gesetzen und einer erfahrenen Exekutive ohne weiteres
bewältigbar sein. Hier wurde nun ein weiteres Beispiel für "Karaoke-Politik"
abgeführt, indem politisches Personal sich vor dem Boulevard verbeugt und republikanische
Möglichkeiten nutzt, um sich das Amt zu erleichtern:
>>Mit der vorliegenden Novelle, die nun Betteln unter
Androhung einer Verwaltungsstrafe von bis zu 2000 Euro verbietet, wurde tatsächlich ein
Schlussstrich unter eine politische Debatte gezogen, die jahrelang zwischen der Stadt Graz
und dem Land hin und her wogte.<< ["wiener zeitung"]
Dabei wird auch gleich die Vorstellung von
"Demokratie" verkürzt, indem ein vaterländischer Proponent des Verbotes kühn
eine "Mehrheit", die sich nicht deklariert und ihm auch kein Mandat erteilt hat,
für sich reklamiert:
>>FPÖ-Chef Gerhard Kurzmann wähnte die "schweigende
Mehrheit hinter uns".<< ["Der Standard"]
Eine schweigende Mehrheit ist genau das, schweigend, steht
also hinter niemandem. Dieser Mann, Kurzmann, argumentiert ferner heuchlerisch: "Wenn
jede Form von Kinderarbeit in unserem Land verboten ist darf man auch hier nicht mit
zweierlei Maß messen." [Quelle: ots]
Wo wäre das Problem? Da Kinderarbeit ohnehin verboten ist,
müßten auch darin bestehende Gesetze genügen. Wer solche Moral pflegt, sollte sich
beispielsweise schon längst mit der möglichen Schließung von Nachtclubs und Bordellen
befaßt haben, um etwa auf diesem Weg Mißbrauch und Frauenhandel zurückzudrängen etc.
etc.
Aber in Wahrheit geht es eben nicht um eine "höhere
Moral" oder die konsequente Arbeit an Mißständen dieser und jener Art. Ganz im
Gegenteil! Durch diese Art von Ersatzhandlung soll politisches Handeln simuliert werden,
wo Lösungen, also politische Ergebnisse, fehlen. Das neue Gesetz beantwortet weder die
dringende Frage, wie Europa mit seinen Ausgestoßenen auf menschenwürdige Art verfahren
möchte, noch trägt es zu einer nachvollziehbaren Perspektive bei, die verarmten Roma auf
das Feld der Menschenwürde zu begleiten. Denn vor allem auf die Gipsies zielt ja
das neue steirische Gesetz momentan in der Praxis.
Dieses parfümierte Gesindel in seiner
gepflegten Garderobe demonstriert uns seine Ratlosigkeit angesichts einer jahrelangen
Konfrontation mit bitterer Armut nun durch so ein schändliches Gesetz, dessen
Vereinbarkeit mit den möglichen Begriffsdeutungen von "christlich-sozial" und
"sozialdemokratisch" mir erst einmal jemand nachvollziehbar erklären muß. Die
Kompatibilität dieser Vorgänge mit "freiheitlich" ist mir da schon klar, weil
diese "Freiheitlichen" ihre Wurzeln in der Tyrannis haben.
Auch wenn Hace Strache sich gerne auf Kudlich und die
Revolution von 1848 beruft, hier lächelt uns immer noch das Nazi-Gesindel an, das einst
keine Scheu hatte, Millionen von Menschen zu schinden und auszurauben, um seiner eigenen
Gefolgschaft materielle, sexuelle und politische Vorteile zu sichern.
Zu viele Leute aus unserer Politik berufen sich seit Jahren
lauter als je zuvor auf die "abendländische Tradition" Österreichs und da
speziell auf die christlichen Wurzeln und die katholische Gegenwart des Landes. Wäre das
ernst gemeint, müßte die "Nachfolge Christi" in Zentrum der eigenen
Orientierung stehen. Na, wem soll ich praktizierender Heide nun einige Grundsätze des
Nazareners hersagen? Meine christlichen Mitmenschen sollten wissen, wie klar er auf der
Seite der Outcasts stand; und zwar explizit GEGEN die Ansichten und Vorteile der
gutgestellten Leute.
Der Landtag Steiermark hat beschlossen: [...]
(1) Wer an einem öffentlichen Ort um Geld oder geldwerte
Sachen bettelt, begeht eine Verwaltungsübertretung.
(2) Die Gemeinde kann das Betteln um Geld oder geldwerte
Sachen durch Verordnung an bestimmten öffentlichen Orten und für bestimmte Zeiten, im
örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion nach Anhörung dieser Behörde,
für zulässig erklären (Erlaubnisbereich). [...] [Quelle] |