12. November 2010

Nächtliche Lektüre, bis zur Müdigkeit der Augen eine Müdigkeit des Geistes kommt, was kultivierte Leute dazu bringen mag, sich einer schönen Art der Ruhe hinzugeben. Mich bringt es zu billigen Filmen. Streifen, in denen etwa ein Spezialist für Sprengstoff beim Drücken des Knopfes ausruft: "Mutter Natur pißt sich in den Hosenanzug."

Ja, das finde ich durchaus lustig. Und es ist auch sehr aufschlußreich. In solchen schrillen Testosteron-Operetten läßt sich allerhand über uns Burschen erfahren. Dazu paßt auch das knallgelbe "Mercedes-Abstrafgerät", wie ich es kürzlich in der Grazer Kärntnerstraße entdeckte.

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Ein Stadtmensch braucht so eine Macho-Schaukel mit derart breiten Hüften freilich nicht für die Alltagsbewältigung. Das ist mehr ein Statement als ein Vehikel. Das HUMVEE ("High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle"), wie es für das amerikanische Militär entwickelt wurde, ist wenigstens eine interessante Maschine; im Vergleich zum üppigen Hummer, seinem zivilen Cousin.

"Creepozoids - Angriff der Mutanten", "Lesbian Vampire Killers", "Die Kung Fu Kannibalen", nein! Solche Sachen schaffe ich dann doch nicht. Aber die Titel ergeben eine staunenswerte Anthologie.

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Was mich bewegt, so spaßige Themen aufzugreifen? Vielleicht liegt es daran, daß vor meiner Haustür gestern der Fasching ausgerufen wurde. Nein, ich wohne nicht im Rathaus. Es liegt gewissermaßen vor meiner Haustür. Da wurde die "Stadtwache" überrannt und der Bürgermeister verknackt.

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Das war AUCH lustig. Wie sich hier in der "Kronen Zeitung" nun jene hervortun, deren Ich-Schwächelei, deren Indentitätsprobleme uns seit Jahren zunehmend brutale ethnische und nationalistische Diskurse einbringen.

Botschafter Kadri Ecved Tezcan hat auf erfrischende Art vermieden, um den Brei herumzureden. Er ging emotional und geradewegs auf die wunden Punkte zu. Damit hat er diesem Land in einigen offenen Fragen mehr Gutes getan, als eine Legion heimischer Politiker mit ihrem Herumlavieren, Schönreden, Ausweichen. Der Artikel in "Die Presse" ist mit einer zentralen Frage betitelt: "Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert?" [Quelle]

Genau! Warum? Und plötzlich fühlen so allerhand Leute sich selbst und "unser Land" beleidigt. Kurt Seinitz schreib in der "Kronen Zeitung" von "pauschalen Vorwürfen, Beleidigungen und verklausulierten Drohungen". Wäre er ein selbstbewußter Staatsbüger, der einer streitbaren Demokratie viel zutraut, müßte er natürlich keine Beleidigung empfinden.

Er würde vielleicht sagen: "Für einen Botschafter einigermaßen verhaltensoriginell und, meinerseel, etwas große Klappe. Aber schauen wir amal, was an den Vorhaltungen dran ist."

Ja, Sie lesen schon richtig. Dieses vaterländische Getöse, das seit Jahren weiter anschwillt, diese nationalistische Geschwätzigkeit, welche sich auf dem Boulevard breit gemacht hat, all die Menschenverachtung, die dazugepackt wird, ist vor allem das: Ausdruck eines etwas klein geratenen Selbstbewußtseins der Leute in Österreich, verbrämt mit einer Politik, die immer mehr Aufgaben nicht mehr schafft. Wer selbstbewußt lebt und weiß wer er oder sie ist, braucht auf Andere nicht einzuschlagen, braucht auch Andere nicht, um seiner Identität einen deutlichen Kontrast zu geben.


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