april-festival 2014 | "human melting pot" | krusche: "imperium"

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27. Januar 2014 um 06:25
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mir ist viel zu viel polemik in den reflexionen des „akademikerballs“.

ja, es ist skandalös, daß die „neue rechte“ sich gerade in der wiener hofburg auf eine art feiern darf, die ihr noch dazu eine solche öffentlichkeit beschert.

warum die das tun? weil sie es können. und weil österreichs politik dafür genug raum läßt. und weil bestehende verträge mit einer betreibergesellschaft derzeit eine effiziente intervention unmöglich machen. und weil seit jahren, jahrzehnten, kein aureichender und ausreichend breiter gesellschaftlicher konsens besteht, daß die „neue rechte“ das licht der öffentlichkeit scheuen sollte.

zynismus? klar! faschismus? nein!

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seit dem „historikerstreit“ scheint mir einigermaßen geklärt worden zu sein, was wir als die historischen faschismen verstehen können. ich kenne derzeit keinen fundierten diskurs, dessen ergebnisse uns in klarheit darüber sprechen ließen, daß österreich ein faschismus-problem habe. (falls darin jemand anderer meinung ist, bitte ich um die nennung von quellen.)

aber wir haben große pobleme mit einem seit vielen jahren zunehmenden rechtsruck in ganz europa, den vorerst nichts zu bremsen scheint.

ich lehne einen schlampigen oder gar beliebigen umgang mit zuschreibungen ab, speziell mit der zuschreibung „faschist“. wenn ich die „neue rechte“ anfechten möchte, sollte ich in der lage sein, das mit sehr präzisen ansichten zu tun.

begriffsbildung. meinungsbildung. das ist mir wichtig. ich bin nicht bereit, mir boulevard-methoden anzueignen, um auf dem boulevard boden zu gewinnen. ich möchte beitragen, daß der menschenverachtung boden entzogen wird. das gelingt meines erachtens auch nicht mit dem bespucken, schlagen, demütigen politischer opponenten.

wenn ich aber von meiner arbeitszeit und meiner kraft a) ganzjährig und b) langjährig ressourcen verfügbar mache, um der meinungsbildung der „neuen rechten“ entgegenzuarbeiten und in einem sehr konkreten lokal- wie regionalpolitischen engagement in den lauf der dinge einzugreifen, wird etwas zu erreichen sein. (wenn das abertausende ähnlich tun, mach ich mir um europa weit weniger sorgen.)

genau das kann ich nicht durch mausklick-demokratie, polemische statements und empört-sein ersetzen. ich meine, politische anwesenheit im gemeinwesen kann und darf nicht substituiert werden. das heißt auch, es reicht keinesfalls, sich gelegentlich einer demonstration anzuschließen, um der menschenwürde rückhalt zu sichern.

ich lehne es ab, selbstdefinition durch feindmarkierung vorzunehmen.

die „neue rechte“, wie sie sich seit den 1980er-jahren recht ungehindert entfalten durfte, wie sie mich über provokante auftritte (von denen dieser ball bloß einer ist) brüskiert, sehe ich als eine persönliche herausforderung im kulturellen und politischen sinn.

diese herausforderung gedenke ich nicht anzunehmen, indem ich opponenten diffamiere oder wegwünsche, sondern indem ich MEINE optionen und MEINE position klar mache, vertrete, zustimmung dafür suche. wie gesagt: ganzjährig und langjährig.

das hat sehr banale konsequenzen. etwa, daß mancher gedichtzyklus oder mancher roman ungeschrieben bleibt, weil mir dazu die ressourcen fehlen, die in anderem tun aufgehen.

irgendwann hatte mich jemand darauf hingewiesen, daß wir die aufschriften der nazi über den kz-toren aktiv wenden müssen. das würde dann so lauten: „freiheit macht arbeit!“

-- [imperium] --


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