Wie lang
ist lang?
(Das Internetzeitalter #1)
Welcher Zeitraum mag gemeint sein,
wenn man vom "Internet-Zeitalter" spricht? Seit wann sind wir denn sowas wie
eine "Informationsgesellschaft" im sogenannten
"Informationaszeitalter"? Ich halte für bekannt, daß Computer in ihrem Kern
Rechenmaschinen sind. Gerechnet wird ja schon seit Jahrtausenden.
Aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. sind sumerische
Zahlenzeichen nachgewiesen. Seit dem zweiten Jahrtausend gilt eine ägyptische
Zahlenzeichenschrift als bekannt. Der Rechner, im Englischen "calculator", so
also "die Kalkulation", sind in unserer Kultur von in der Antike gebräuchlichen
"Rechenbrettern" hergeleitet. Der "Abakus" hatte "Steinchen"
(= calculi) oder "Nägelchen" (= claviculi), mit denen Rechenoperationen bis zu
einem Zahlenwert von annähernd zehn Millionen ausgeführt werden konnten.
Das Internet ist heute ein umfassend präsentes System im
Arbeitsalltag der meisten von uns, überdies im Privatleben vieler. Man verliert leicht
aus den Augen, wie jung dieses neue Kommunikationssituation ist. Und mit welchem radikalen
Tempo wie Ausmaß diese "Info-Sphäre" um uns entstanden ist.
Die Grundlage für das Verbinden verschiedener Netze ist
ein gemeinsames "Protokoll". Also ein Regelwerk, das durch seine Standards für
durchgängige Abläufe sorgt. Das TCP (Transmission Control Protocol) wurde 1974 am
Schweizer CERN als Norm vorgelegt. Ergänzt um ein IP (Internet Protocol) wurde durch das
"TCP / IP" schließlich jene Struktur möglich, die wir heute als
"Internet" kennen. Ein Netz der Netze. Eine Zusammenfassung verschiedener
online-Dienste. Wovon das WWW, also das World Wide Web, nur einer ist.
Etwa 1982 hat es erste europäische Verbindungen zwischen
Dänemark, England, Holland und Schweden gegeben. Österreich wurde Anfang der 1990er an
das TCP/IP angebunden. 1993 gab es mit "Mosaic" den ersten
"Internet-Browser", der erahnen ließ, wie man Texte, Bilder und Töne praktisch
verfügbar machen kann.
Für mich war zu der Zeit ein Internet-Zugang noch
unerschwinglich. Als erster kommerzieller Internet-Anbieter in Österreich gilt
"EUnet", 1991 von wenigen Einzelpersonen und Firmen gegründet. Privatkunden
konnten ab 1994 via "ping.at" an Bord gehen.
Die Geschäftswelt verfügte natürlich über die nötigen
Mittel. In meiner Umgebung war es vor allem Menschen in diversen Einrichtungen von
Universitäten möglich, Netzzugänge zu nutzen. Eine Ära, in der man anfangs den Hörer
des Telefons in ein eigenes Gerät stecken mußte, das mit dem Computer verbunden war. Ein
sogenannter "Akustikkoppler".
Im Jahre 1995 sollen zwischen 60.000 und 100.000 User in
Österreich das Web genutzt haben. Bis zum Ende des Jahrzehntes hatten sich Verbreitung
und Preise so weit entwickelt, daß man auch als Kunstschaffender langsam beginnen konnte,
sich für ein Publikum im Web zu interessieren.
Allerdings waren die 1990er-Jahre von teilweise völlig
überzogenen Erwartungen auf allen Seiten geprägt. Was vor allem auch zu einigen großen
Firmenpleiten geführt hat. In Österreich war vermutlich die spektakulärste Geschichte
das Versenken von x Schilling-Millionen an Anlegerkapital im Internet-Auftritt des
Buchhandelskette "Libro". Andrerseits war "Der Standard" meines
Wissens die erste deutschsprachige Tageszeitung, die online gegangen ist.
Österreichs Internetzeitalter, das sind also für eine
breitere Ebene gerade mal eineinhalb Jahrzehnte ...
[martin krusche] |