Und dann steckte ich diese Botschaft
an Euch in ihr Gefieder:

Geht nicht in den Spuren der Meister,
sucht, wonach sie suchten. Für Euch
Kommende – und Ihr seid ja schon da-
soll immer dieser Zenspruch gelten...
Treibt also Eure Kunst ruhig wie eine
Vieherde an! Aber treibt Euch selbst
nicht in die Flucht. Macht unsere Fehler
nicht noch einmal. Bleibt, schreibt!
Es kommen schon bald Eure Tage.

Und als sie abhob,
um mit dieser Nachricht jene Horizontlinie
anzupeilen, die mich noch heute schmerzt,
dachte ich noch einmal 2o Jahre zurück. So
viele Namen fielen mir wieder ein:
Kobelbauer, Köck, Krusche,
Grond, Kollegger, Hartinger,
Cejpek, Wolfmayr,
undundund.
Keiner von uns hat mehr
eine Adresse in dieser Stadt. Wir waren jung
und zogen los und lösten einen Steinschlag
auf unsre Köpfe aus. Aber so ist es immer,
wenn man gegen die Starrheit anträumt. Und
das wollten wir. Und wir wollten in unsren
bunt bemalten WGs lieber über den
wilden Fried debattieren, als über die
friedlichen Drechselzeilen abgesicherter
Lehrer. Für ein paar Jahre versuchten wir
befreiendes Meersalz in die dahinröchelnde
Stadt zu schleppen, Luftschläuche ins Innere
von Corleone zu verlegen. Zu spät, zu
schwach. Das ewige Fördergesetz des Padre
Padrone war nicht zu brechen. Wir wollten
Meinhofs sein, ohne Gewehr, und gingen
friedlicher als jeder Pfaffe.


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