[Der Essay Minimundus]

Martin Krusche
Wendige Boote

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Graz war ein Ort, an dem sich rund um Literatur erstaunliche Eitelkeiten entfaltet haben. Früher. Oder immer noch. (Wen schert’s?) Wirf einen Stein ins Wasser. Wie lange betrachtest du die Wellen die er schlägt? Bis wohin? Ich bin kein Buddhist. Und ich hocke an keinen Teichen herum.

Wo altes Gras über neue Torheiten wächst, taugt der Boden nichts für meine Leidenschaften. Und wo sich auch die Enkel der Avantgarde so auffallend leicht ins Bett der Christlichsozialen wuchten wie schon ihre kühnen Vorreiter, ist mir zum Gähnen langweilig.

Aber da draußen ist allerhand Gesindel, das sich mit Neugier und Unternehmungslust auf Routen einfindet, die noch nicht in den alten Landkarten der Bedeutung verzeichnet sind. Es ist kein einziger Erzbischof unter diesen Leuten. Ich bin einer dieser Herumtreiber.

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Reisegesellschaften in denen Konsens besteht: ohne Esprit geht’s nicht. Larmoyanz lockert einem bloß die Plomben.

Wir haben nichts zu verkünden. Wir haben nichts geheimzuhalten. Die Verschwörung der Poeten ist ein Echo in den Herzen. Da ist viel Hintergrundrauschen. In dem es manchmal klingt: die Kraft der Poesie.

Eine handvoll Tränen für ein Glas Wein. Ein Gedicht für ein erlesenes Mahl. Manchmal Dreckarbeit bis über die Ellbogen. Wir decken unsere Reisespesen aus dem was wir zuwege bringen.

Ist das Wasser naß? Das Begehren als Wind in den Segeln. Nur kleine Boote haben einen leichten Kiel.


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