Gerüchte, Küsse, Verschwörungstheorien

Büro für Konspiration & Paranormales

Ihr Bundeskanzler wünscht frohe Feststage!
Eine Zusendung der Wiener Autorin Christine Werner

Liebes Österreich!

Je enger die Geldbeutel geschnürt werden müssen, desto spendenwilliger ist dieses wunderbare Österreich. Je schlechter die Politik wird, desto politischer das Kabarett. Je weniger Verantwortung eine Regierung übernimmt, desto fleißiger wird das Volk.

Nun meinte gestern die Gattin-Bundespräsident, daß ohne die zahlreichen sozialen Vereine das soziale Netz zusammenbrechen würde.

Im Wissen darum hatte bisher der Staat solche Vereine finanziert (da hier von Nichtstaatlichen Organisationen Aufgaben erledigt werden, die der Staat verabsäumt, zu tun). Anfangs recht, dann schlecht, und nun kann die Regierung nicht mehr zahlen. Soll jeder selbst sehen, wo er bleibt. Übernehmen Sie alles, liebe Österreicher und Österreicherinnen, machen Sie ihre Geldbörse auf! Österreich, die große Familie! Ich, der Bundespräsident, der Vater, das Stammösterreich, der Nehmer und Wortspender, danke diesem wunderbaren Österreich, ich danke mir.

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Was wäre unsere Arbeit ohne aufmerksame Passanten? Das hier vorliegende Dokument wurde in der Teeküche des Wiener Büros der Grazer Autorenversammlung (GAV) aufgefunden. Und zwar nach einer Besprechung mit dem steirischen Delegierten.

Sollten auch Sie brisant wirkende Dokumente auffinden, bitte um zweckdienliche Hinweise an unser Sekretariat!



Zahlen Sie Steuern und vertrauen Sie dem Finanzminister, der Staatsaufgaben abschafft:

Bildung
Zahlen Sie lieber dem Elternverein doppelte Beiträge, dann erspart sich der Staat die Renovierung der Klassenzimmer. Malen Sie selbst aus! Kaufen Sie Klassenmöbel selbst!

Flüchtlinge
Spenden Sie der Caritas, bringen Sie Decken und Kleidung! Dann kann der Staat weiterhin Flüchtlinge auf die Straße werfen - das Volk macht das schon. Wie wunderbar vielseitig ist dieses Österreich! Einmal so spendewillig, dann zeigt es verächtlich auf die Spendenempfänger.

Öffentlicher Raum
Gehen Sie selbst schneeschaufeln! Klauben Sie Müll von der Straße selbst auf! Sie werden dafür einen Orden bekommen, eine Österreichfahne, ein Bundeskanzlerbild.

Öffentlicher Verkehr
Spenden Sie Reinigungsmittel zum Putzen! Gehen Sie ruhig einnmal durch durch den U-Bahnwaggon mit einem Glasreinigungsmittel! Putzen Sie bei jeder Fahrt zwei Fenster! In Summe ergibt das blitzblanke Fenster das ganze Jahr! Spenden Sie Kübel für Busse und nehmen Sie gebrauchte mit nach Hause!

Was es nicht alles gibt:
Drucken Sie die Malerei von Behinderten auf Ihr Auto! Spielen Sie einmal im Monat Chauffeur! Die Regierung kann sich Fahrtendienste nicht mehr leisten! Nehmen Sie die Rücksitze aus Ihrem PKW, damit Sie Rollstühle und ab und zu auch mehrere Pensionisten führen können. Der Staat kann sich keine Fahrtkostenzuschüses mehr leisten. Werden Sie ein Staatsheld!

Spenden Sie! VOR ALLEM ZU WEIHNACHTEN! Steuern sind nicht genug. Wir brauchen das Steuergeld für die enormen Kosten etwa des Bundesheeres. Für Forstingers und Gauggs, für Trachtenkapellen im Parlament, für Fahnen, Wappen und Bundeskanzlerkamerateams. Spenden Sie! Dann sind Sie beschäftigt und zufrieden.

Sagen Sie nicht, die Finanzierung des Bundesheeres rechnet sich nicht! Bei Licht ins Dunkel sitzen die Generäle und Reserveoberste an den Telefonen, mit feschen Uniformen! Ab nun wird das Militär im Österreichbild nicht mehr wegzudenken sein! Kärnten gibt dafür ein schönes Beispiel. Nicht nur auf Villachs Seebühnen sehen Sie das Militär zu Wasser und zu Land das Kulturleben verschönern. Zahlen Sie Steuern für ein neues Österreich! Sicherheit durch bügelfreie Uniformen!

Mit Österreich. Mit Gott. Mit mir. Richten Sie die Heiligengeschichten auf mich, auf Österreich. 1934 läßt grüßen. Ich bin nicht Dollfuß. Aber ich bin Österreich.

Auf Österreich!
(Und sagen Sie ja zu Europa)


Christine Werner auf kultur.at

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