Lieber Martin Wassermair, kluge Frage. (GATS und Ösi-Kultur) Von Hans FraeulinIch habe hier gerade über drei Jahre ein Museum für meine, nicht nur meine österreichischen Kinder konzipiert. Zum Richtfest oder wie man hier sagt, zur Dachgleiche erfahre ich, dass unter Bruch eines aufrechten Werknutzungsvertrags nicht mein Konzept der Eröffnungsausstellung realisiert wird, sondern das Konzept eines Einheimischen, der ihnen wohl versprochen hat, es im Dutzend billiger zu machen. Mein Konzept hat 35 MB, seins hat er abgezählt in zwei Halbsätzen mündlich. Er ruiniert meinen Ruf und lässt derweil die Kinder im Sandkasten spielen. Dabei hätten die Stadtfürsten über mich von der EU 200.000 Euro Kredit bekommen. Für Sandkastenspiele allerdings nicht. Solange ich hier auch in den Zeiten der EU so schäbig ausgebootet werde und solange ich keinen österreichischen Spielfilm drehen kann, weil ich einen tschechischen Kameramann bevorzuge, der deswegen jetzt als Österreicher in Deutschland lebt und immer noch die schönsten Filme der Welt dreht, wie kürzlich in Universum zu sehen, solange mein Stück zu Hitlers 100. Geburtstag auch nach 15 Jahren noch bei Sessler schlummert, mein norwegischer Komponist in Graz auf der Straße spielt, ohne von La Strada bezahlt zu werden, während man in jedem x-beliebigen deutschen Stadttheater Schnitzlers Reigen nur mit Österreichern und - innen besetzen kann, und als Xaver Schwarzenberger, Helmut Berger, Kottanberger und wie die Kollegen alle heißen, von dort, wo ich herkomme, Spielfilme drehen können, wie sie wollen, weil die TV- und andere Intendanten zum Gutteil Ösis sind, solange man hier in einem geschützten Biotop jeglichen Flachsinn verbreiten kann, solange Ösis in Ö vergeblich zu mir pilgern, um von mir einen Job als Kulturschaffende zu bekommen oder sich sogar in Media-Design ausbilden lassen könnten, solange sollten österreichische Kulturschaffende nach meiner Auffassung bei GATS das Maul halten. Oder noch besser: vorbehaltlos für GATS plädieren. Wir lieben GATS. Wir freuen uns auf GATS. Wir können es gar nicht erwarten, endlich GATS. Und solange sich der Kulturchauvinismus in Österreich nicht geändert hat, so dass sich Martin Kusej in Hamburg schämen muss, wie man mit seinen deutschen Kollegen in seiner Gegend umgeht (siehe ... Sonntagsinterview in der Kleinen Zeitung), solange bleibt Peter Handke der größte lebende deutsche Schriftsteller, wie ich einmal in einer deutschen Zeitung las, und bleibt auch Mozart der größte deutsche Komponist, bleiben Udo Jürgens und Peter Alexander renommierte deutsche Entertainer, bleiben natürlich auch Brahms und Beethoven trotz aller hiesigen Vereinnahmungsversuche berühmte deutsche Komponisten und Hitler der größte Verbrecher aller Zeiten aus Österreich, wo man mit seinem Gedankengut als Pimperl-Neuauflage Ministerpräsident werden kann - und als Frau auf Wunsch ein gleiches, nämlich Landeshauptmann, weil man als Frau hier offenbar auch nichts gilt. ... Vielleicht darf ich den Aufsatz neu schreiben, gern Herr Redakteur. Das versendet sich nicht. Ja, Frau Redakteur. Geht es nicht einwenig leichter, fragte mich Michael Kehlmann, damals Fernsehspielchef beim ORF zu meinem Entwurf für den Hitlergeburtstag und für das Jura-Soyfer-Theater und zahlte mich verschämt aus und als ich das im Grazer Schlossberg inszenieren wollte, riet mir Alfred Kolleritsch über die Straße, als ich den Schlüssel ins Liegenschaftsamt zurückfuhr, den alten Mann in Ruhe zu lassen. So ungefähr an derselben Stelle stand er, wo jetzt Kriesches Marienlift steht, damit man endlich weiß, wohin die Jungfrau blickt. Ich merke mir sowas, leider, wann und wo Leute mir etwas zu diesem Land hier, in das ich verliebt hineingeschneit bin, sagen. OK, ich wollte von zu Hause weg und dachte mir, mach’s wie Beethoven auf dem Münsterplatz, fahr da hin, der Herr Kreisky ist vertrauenswürdig, wird dir schon nix passieren. Überraschung! Zuerst die Ansage vom Zöllner: Wollen’s leicht siedeln? Das ging noch mit einem Scheck. Nach ein paar Wochen flog ich aus dem sozialistischen Tagblatt raus, als ich mit dem Job mein Visum verlängern wollte. Das Visum bekam ich und spielte dann in der Sporgasse Straßenmusik. Hätte mir ein Landsmann nicht zu meinem Regiestudium verholfen, säße ich wohl heute noch da wie Henrik jetzt nach abgeschlossenem Studium für Komposition an einer österreichischen Musikuniversität. Finanziert habe ich mein zweites Studium halt mit dem Schadensersatz aus einem Frontalunfall auf der Gastarbeiter-Route. Danach sah ich im Spiegel anders aus, aber nicht so schlimm wie W. K. und nicht so tot wie Kurt Krenn. Dessen phänomenalen Eisenbahnwaggon gibt es, glaube ich, nur noch als Modell. Ich traf ihn zufällig, als der Zug nach Wien umgeleitet wurde, auf einem Abstellgleis. [Dies ist ein Textauszug. Den Volltext finden Sie hier als RTF-Datei zum runterladen.] Hans Fraeulin auf kultur.at |