Not dead yet-rap!
Von Wolfgang Mizelli
Es ist widernatuerlich, behinderte Kinder
zu lieben. Keine Mutter kann dazu gezwungen werden, ein behindertes Kind aufzuziehen. Das
sagt ein Nobelpreisträger, heute.
Niemand darf wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden. sagt die Verfassung.
Die Botschaft aber lautet: Behinderung
ist unerwünscht!
Missachtung! Verachtung! Ausgrenzung!
Im luftigen Grab, da liegt man nicht eng.
(Ja, das ist gestohlen aus der Todesfuge von Paul Celan)
Ich will sterben, sagt ein behinderter
Mann aus Frankreich. Tötet mich! schreibt er dem Präsidenten Aber Doktor Tod ordiniert
hier in Europa nur in Holland und Belgien, leider nicht in Frankreich. Aber in der Schweiz
da können Sie es probieren. Die helfen Ihnen gerne weiter. Da können Sie sterben in
angenehmer Atmosphäre im First Class - Hotel.
Und auf der Straße sehe ich die starren
Blicke. Was machst Du noch hier! rufen sie mir zu. Warum bist du noch nicht tot? Warum
willst Du überhaupt leben?
Angst fällt aus ihren Augen, wenn ich an
Ihnen vorbeirolle. Sie haben Angst! Angst! Angst! Und das gibt mir Macht und das macht mir
Angst!
Mitleid quält mich täglich! Mitleid,
das die anderen haben. Ich will es nicht. Ich bin stark und ich lebe gut. Ich bin
glücklich und es geht mir gut. Oh ja, ganz tapfer meisterst du dein Schicksal.
Ein behinderte Frau rief den
Europäischen Menschenrechtsgerichtshof an und klagte ihr Recht auf assistierten
Selbstmord ein. Das Gericht hat ihr dieses Recht verweigert und das ist gut so.
Der Weg ist nicht mehr weit, roll’
ihn, roll’! Da vorne, die Nadel! Sie wartet! Erlösung verspricht sie Dir!
Der Pastor wird ärgerlich. Sei bereit
für Deinen Tod. Es muss schnell gehen. Die anderen warten schon. Du sollst jetzt endlich
den neuen Exit Bag ausprobieren, du undankbares Subjekt.
Not dead yet und immer noch bereit für
den Kampf! Ich kämpfe um mein Recht zu leben!
Sie wollen doch nur Gutes tun. Sei
barmherzig mit ihnen! Vergib ihnen ihre Schuld, denn sie wissen, was sie tun, wenn sie dir
dein Gift geben. Du bist zu teuer. Du kostest zu viel. Weg mit dir du Bastard!
Die Händler des Todes kommen und klopfen
an meine Tür. Danke kein Bedarf! Aber mein Bankkonto können sie gerne auffüllen. Mehr
Geld, das brauche ich. Mein Leben ist so wertvoll, das ich es mir fast nicht leisten kann.
Leben, ich will leben und ich lebe, lebe,
lebe, LEBE!
Aber das ist doch heute nicht mehr
notwendig. Sowas kann man doch wegmachen lassen. Gemeint ist ein behindertes Kind.
Es ist unmoralisch, behinderte Kinder in
die Welt zu setzen, sagt der gleiche Nobelpreisträger. Der Tag ist nicht mehr fern, wo
alle das so sehen werden. fährt er fort. Er wird schon recht haben. Er ist ja ein
Nobelpreisträger.
Dem würd’ ich gern’, dem würd’
ich gern ein paar Watsch’n antragen, wenn ich nicht so zivilisiert wäre.
Euthanasie ist die zweite Seite der
Medaille Mitleid. Der schöne Tod! Der gute Tod! Schön? Gut?
Mit Gift?
Ich bin nicht mehr bereit, meine Existenz
zu rechtfertigen. Und schon wieder verlangt die nächste meinen Berechtigungsschein. Ist
so: Papiere bitte! Ausweis zeigen! Was heisst, du hast keinen. |
Ach ja! Ich sehe die Dame, den Herren das
erstemal. Er/Sie duzt mich.
Komm’! Wir geben dir deine
Erlösung! Hier hast du dein Gift! Nimm es und erlöse uns von dir!
Lasst uns lieber über Lösungen reden!
Lösungen der Probleme, die ihr mitverursacht.
Produziert für alle! und ein Teil meiner
Probleme erledigt sich von selbst.
Dich hat der Hitler wohl vergessen! Nein!
Ich habe ihn überlebt. Ich war einfach stärker als er.
Ich bin stark. Ich bin gross. Ich bin
ganz einfach gut.
Tsefix! Wieder so ein verdammter nasser
Fleck in meiner Hose. Meine Füsse zittern schon wieder.
He! Ich bin Künstler! Ich darf das.
(Wenn Sie sich jetzt fragen, was, dann sage ich Ihnen: „Alles kryptisch verkuerzt
beschreiben.“)
Da zieht schon wieder eine im Geiste die
Spritze auf. Gib Gas! Sie werden dich schon nicht erwischen.
Roll, baby! Roll! All night long!
Die Hand, so schwach und doch so stark!
Au! Und wieder hat mich die Verachtung
gestreift! Und da ums Eck’ steht das Mitleid und will mich umarmen. Aber ich bin
schneller! Es wird mich nicht erwischen.
Im Fernsehen „Licht ins Dunkel“,
der Spendenmarathon. 30 Jahre Mitleid und Verachtung!
Ja und wieder geschafft: Ein neuer Rekord. Euro um Euro stapelt sich auf den Konten.
Meine Reputation ist dafür vor die Hunde gegangen. Eure Frage: Ist da jemand?
Meine Antwort: JA! JA! JA! und ich
brauche euer Licht nicht. Hiernorts ist es hell genug.
He Sie? Brauchen Sie Hilfe? Ich kann
Ihnen helfen. Ich bin groß. Ich bin stark.
The wheels are still on fire! And:
These wheels are made for rolling and that’s just what they do
and one of these Days they gonna roll all over you!
Baut mir eine Welt, in der ich mich
bewegen kann, dann brauch’ ich eure Spritze nicht!
Ich rolle und rolle und rolle dahin.
Mit Stolz gegen Vorurteil!
So und jetzt spiel Kugerl und verroll dich. Es glaubt ja
keiner, was du da erzählst. Wir haben dich doch alle lieb und das mit der Angst brauchst
du nicht so eng sehen. Ist nicht persönlich gemeint!
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